Marcel Hörler

Vita

Marcel Hörler ist Kurator, Kulturvermittler und lebt in Zürich. Er wurde in einer Kleinfamilie der Arbeiter*innenklasse, in provinziellen Verhältnissen, als weisser Sohn einer Hausfrau-Floristin und eines Lastwagenfahrers sozialisiert. Nach einer Berufsausbildung widmete er sich dem Studium Soziale Arbeit mit Vertiefung Soziokultur an den Hochschulen Luzern und Den Haag und arbeitete für mehrere Jahre in verschiedenen sozialen Arbeitsfeldern. Darauf folgte ein Abschluss mit einem Master of Arts in Art Education, Curatorial Studies an der Zürcher Hochschule der Künste. Seit 2015 realisiert er Kunst- und Kulturprojekte.

CV

Statement

«Meine kuratorische und kulturvermittelnde Praxis ist eine interstitielle, soziale Praxis. Das bedeutet, dass ich nach den oft unsichtbaren Qualitäten in den Zwischenräumen und Momenten des Austauschs suche. Diese Suchprozesse durchziehen meine Arbeit als konsistente Elemente, die ich durch eine konzeptuelle Rahmung vorantreibe. Für die Entwicklung meiner Ansätze, Fragestellungen und konkreten Handlungen sind prozess- und dialogorientierte Räume, Experimente, Kontaktzonen und selbstorganisierte Arbeitsweisen essentiell. Dabei sollen sowohl Verletzlichkeiten als auch Momente des Scheiterns ihren Platz haben. Die immer wiederkehrenden Fragen nach dem Ort – verstanden als physische, räumliche, diskursive und erlebte Komponente – erzeugen für mich oft interessante Spannungen, die mich zu subtilen wie auch parasitären Interventionen führen. Mit diesen möchte ich dominante Mechanismen und Strukturen als Teil bestehender Systeme hinterfragen. Nicht zuletzt betrachte ich den Aufbau widerständiger und nachhaltiger Strukturen, in denen kritisches Denken gefördert und der Blick für marginalisierte Erfahrungen geschärft wird, als wesentlichen Bestandteil meiner Praxis.»

Arbeit

Frida

Wie fühlte sich damals die Zeit an? Dauerte früher eine Sekunde länger als heute? Wem lauschen wir, um zu verstehen, was geschah? Und wie können wir uns in eine Zeit hineinversetzen, wenn die Zeitzeug*innen bereits verstummt sind? Frida Edelmann-Knöpfel, die von 1864-1921 in Lichtensteig lebte, war eine neugierige und aufmerksame Beobachterin ihrer Zeit. Dem Entrinnen der Zeit entgegenwirkend, schrieb Frida ihre Alltagserfahrungen in Mundart nieder und gab dadurch der Nachwelt die Möglichkeit, in ihre Gedankenwelt vorzudringen. Sie schrieb über die Mühen ihrer Mutter, die Beziehung zu ihrem Ehemann, ihre Kinder, über das Leben im Städtchen und gehörte damit zu den wenigen Frauen ihrer Zeit, deren Schriften überliefert wurden. Als Hommage an Frida, haben die Künstler*innen Karin Karinna Bühler, Martina Morger, Reto Müller, Lika Nüssli und Thomas Stüssi, neue Werke geschaffen, die von Fridas Erinnerungen inspiriert sind. Die Ausstellung wurde am 7. Juli 2023 eröffnet. Die Werke werden bis zu fünf Jahre im «öffentlichen Raum» der Gemeinde Lichtensteig gezeigt. Frida wurde von Marcel Hörler mit der Unterstützung von Maura Kressig und Jost Kirchgraber kuratiert.

Martina Morger, Bella Bells, 2023. Photo: Hanes Sturzenegger

Lika Nüssli, Frida, kleine Rebellin, 2023. Photo: Hanes Sturzenegger

Thomas Stüssi, Kurze Hosen aber grosses Herz, 2023. Photo: Hanes Sturzenegger

Rundgang mit Austausch. Photo: Hanes Sturzenegger

Karin Karinna Bühler, Nicht um mein flüchtig Gut der Zeit, 2023. Photo: Hanes Sturzenegger

Lika Nüssli, Frida, kleine Rebellin, 2023. Photo: Hanes Sturzenegger

Reto Müller (Text: Vincent Hofmann), Tafel-Moränensteine-Säule für Lichtensteig, 2023. Photo: Hanes Sturzenegger

Reto Müller, Tafel-Moränensteine-Säule für Lichtensteig, 2023. Photo: Hanes Sturzenegger

Reto Müller, Tafel-Moränensteine-Säule für Lichtensteig, 2023. Photo: Hanes Sturzenegger

Lika Nüssli, Frida, kleine Rebellin, 2023. Photo: Hanes Sturzenegger

Martina Morger, Bella Bells, 2023. Photo: Hanes Sturzenegger

I'm the boss of my business, I should invoice

«I’m the boss of my business, I should invoice» ist ein Auszug aus dem Songtext von Ashnikkos Song Working Bitch. Darin behandelt sie ihre sexuelle und finanzielle Unabhängigkeit. Der Ausstellungstitel verweist sowohl auf die prekären Arbeitsverhältnisse als auch auf den Drang nach Ruhm und Erfolg, als treibender Faktor für Unabhängigkeit innerhalb der Kunstwelt. Wie ein Kaugummi kleben diese zwei ineinandergreifenden Sphären an den Böden der Ausstellungsräume. Fragen wie was können Kulturschaffende leisten? Ist die künstlerische Arbeit noch lustvolle Tätigkeit oder bereits ein schmerzvolles Aushalten? Oder wie kann die künstlerische Unabhängigkeit im Kontext von ökonomischen Interessen noch gewahrt bleiben? werden selten ausführlich beantwortet und so bleibt am Ende dann doch meistens der Einzahlungsschein als letzte Sicherheit des Überlebens. Für diese kleine Sommerausstellung luden Marcel Hörler, Mindaugas Matulis, Inés Maestre und STEVIL die Künstler*innen Marco Siciliano, Mia Thermopolis, Steen Sperling, Aksel Bruk, Irem Güngez und Julia ein, um ihre Arbeiten vom 23. Juni bis 2. Juli 2023 im Baby Angel in Zürich zu zeigen.

Marco Siciliano, 338 chewing gum • welcome, 2023. Photo: Marcel Hörler

Mindaugas Matulis, Inés Maestre, STEVIL, Marco Siciliano, Mia Thermopolis, Steen Sperling, Aksel Bruk, Irem Güngez, Julia Nusser, 2023. Photo: Mindaugas Matulis

Irem Güngez, jail, 2023. Photo: Mindaugas Matulis

Steen Sperling, rough teachings, 2022. Photo: Mindaugas Matulis

Mindaugas Matulis, Greenest Grass & Business Horse, 2023. Photo: Mindaugas Matulis

I'm the boss of my business I should invoice, Inés Maestre & Aksel Bruk, Photo: Mindaugas Matulis

I'm the boss of my business, Inés Maestre & Steen Sperling. Photo: Mindaugas Matulis

Powerplay, Pleasure and Gain

Wie können wir Lust materialisieren? Inwiefern können wir unsere Wünsche und Bedürfnisse innerhalb von Machtstrukturen erkennen und zum Ausdruck bringen? Wie können wir eine Praxis der Fürsorge kultivieren, während die Gesellschaft unter hetero-patriarchalen Mechanismen leidet? Die Ausstellung Powerplay, Pleasure and Gain präsentierte einen Mix aus Beiträgen von Giulia Essyad, Inés Maestre, Lucio Davoli, Marisabel Arias, Metehan Törer, Robin Mettler, Sarah Burger und Sicc Puppy. Die Ausstellung nahm das zehnjährige Jubiläum der Porny Days zum Anlass, um über das Potential der Kollektivität nachzudenken, das in unseren Körpern steckt. Neben den ausgestellten Werken wurde das Publikum dazu eingeladen, während der performativen Eröffnung selbst Teil der Ausstellung zu werden. Powerplay, Pleasure and Gain fand vom 25. bis 27. November 2022 in der Südbühne der Gessnerallee in Zürich statt und wurde von Marcel Hörler mit der Unterstützung von Lena Aurea Schneider kuratiert.

Metehan Törer, pee fountain, 2022. Photo: Michel Gilgen

Metehan Törer, spank toys, 2022. Photo: Michel Gilgen

Inés Maestre, Vanilla Tango (Untitled V), 2022. Photo: Michel Gilgen

Metehan Törer, i lock my pet in the toilet, 2022. Photo: Michel Gilgen

Sarah Burger, Neural Fantasies, 2022. Photo: Lena Aurea Schneider

Metehan Törer, siamese twin mask, 2022. Photo: Michel Gilgen

Inés Maestre, Vanilla Tango (Untitled III), 2020. Photo: Michel Gilgen

Giulia Essyad, Self Portraits, 2021. Photo: Lena Aurea Schneider

Robin Mettler, Endless Ornament, 2022. Photo: Michel Gilgen

Metehan Törer, Lucio Davoli, Sicc Puppy, Public Toilet, 2022. Photo: Michel Gilgen

Metehan Törer, Lucio Davoli, Sicc Puppy, Public Toilet, 2022. Photo: Michel Gilgen

Metehan Törer, Lucio Davoli, Sicc Puppy, Public Toilet, 2022. Photo: Michel Gilgen

Ufficio della Notte

Vergnügen - das Teilen von Freude - berührt und verbindet Menschen. Obwohl bestimmte Praktiken, insbesondere solche, die nicht-normativen, queeren, nicht-monogamen und nicht-binären Lebensweisen entsprechen, von den Institutionen der Macht schon immer marginalisiert, kriminalisiert oder zumindest ignoriert wurden. Dennoch haben die Figuren der Nacht die Grenzen des gesellschaftlichen Anstands überschritten. Was bleibt, sind Fragen: Wo und wie sprechen wir über Vergnügen? Welche Räume werden beansprucht und von wem? Sind sichere Räume nur Träume einer verborgenen Utopie? Inwieweit bestimmen Institutionen, was sexuell erlaubt/nicht erlaubt ist? Und was hat das alles mit Care-Arbeit zu tun? Auf der Suche nach Antworten präsentierte Ufficio della Notte Arbeiten von Berlin Strippers Collective, Gilles Smrkovsky, Philipp Gufler, Benjamin Egger, Oz Oderbolz, Latefa Wiersch, Florian Hetz, Dario Callerame, Jeanne Jacob, Alina Kopytsa, SLOCH, Göksu Kunak und DIVAS, die in sechs verschiedenen Kunsträumen und Clubs sowie im öffentlichen Raum (Last Tango, Parat, Limmatplatz, Unterführung Langstrasse, Die Diele, Baby Angel, BosqueRreal, Rote Fabrik) gezeigt wurden. Die von neo seefried und Marcel Hörler kuratierte Ausstellung fand vom 23. September bis 15. Oktober 2022 in Zürich statt und wurde mit Spaziergängen, einer Pleasure positive Party und einem Podiumsgespräch zum Thema Sexwork kombiniert.

Göksu Kunak, Niche I: Landscape, 2022. Photo: Sabina Bösch

DIVAS, TOUCHING (IS ELECTRIC), 2019/2022. Photo: Sabina Bösch

Berlin Strippers Collective (Ivy & Maxine), Red light to daylight, 2022. Photo: Johanna Hullár

Oz Oderbolz, untitled or I stole my father's belt, 2022. Photo: Oz Oderbolz

Latefa Wiersch, Unterführung/Subway, 2022. Photo: Sabina Bösch

Gilles Smrkovsky, Collective Desire, 2020. Photo: Sabina Bösch

Benjamin Egger, And Then We Touch, 2021/2022. Photo: Sabina Bösch

Benjamin Egger, And Then We Touch, 2021/2022. Photo: Sabina Bösch

Philipp Gufler, Lana Kaiser, 2020. Photo: Sabina Bösch

Philipp Gufler, Quilt #36 (Der Kreis), 2020. Photo: Sabina Bösch

Dario Callerame, Growing Witness II, 2021. Photo: Sabina Bösch

Jeanne Jacob, Falling in Love, 2022. Photo: Sabina Bösch

Jeanne Jacob, Les Adelphes, 2022. Photo: Sabina Bösch

Florian Hetz, SPECIES, 2022. Photo: Livio Baumgartner

Alina Kopytsa, From Zurich with love, 2021. Photo: Sabina Bösch

Sexwork is Work! Photo: Johanna Hullár

Exhibition Walks mit neo seefried. Photo: Sabina Bösch

Performing Soil

Wir können nie wissen, was wir vorfinden werden – wenn wir ein Loch graben... Die Erde ist ein Filter, ein Archiv, bietet Lebensgrundlagen und ist ein Schauplatz für speziesübergreifenden Austausch. Interdependenzen, also gegenseitige Abhängigkeiten, sind der Erde immanent. So widmete sich Performing Soil jenen Spannungsmomenten zwischen Menschen und Erde, die sich abseits von gängigen Wissenschaftsmethoden ergeben. Denn diese gehen davon aus, dass Projekte skaliert werden können, sprich im Kleinen genauso wie im Grossen funktionieren können aber ausser Acht lassen, dass sich die Akteur*innen durch Begegnungen verändern können. Die Idee zu Performing Soil stammt von den Künstler*innen Silke kleine Kalvelage, Jan Georg Glöckner und dem Kurator/Kulturvermittler Marcel Hörler. Über einen Zeitraum von drei Monaten, umgeben von einem Naturschutzgebiet, haben sie in Zusammenarbeit mit den Tänzer*innen, Künstler*innen, Handwerker*innen und Wissenschaftler*innen Lisa Lee Benjamin, Marisa Mayer, Xaver Ammann, Kay Zhang, Brigham Baker, New Kyd, Reut Nahum und Rosa Violetta Zettl eine massive Erdkugel geformt. Die Erdkugel wurde im Rahmen der gleichnamigen Ausstellung im Kunstraum Parat versteigert und zusammen mit drei Radiosendungen, der Fotodokumentation und weiteren kleinformatigen Erdexponaten vom 9. bis 18. Dezember 2021 der Öffentlichkeit präsentiert.

Lisa Lee Benjamin, Marisa Mayer, Xaver Ammann, Kay Zhang, Brigham Baker, Titilayo Adebayo, Reut Nahum, Rosa Violetta Zettl, Silke kleine Kalvelage, Jan Georg Glöckner, Marcel Hörler, Performing Soil, 2021. Photo: Silke kleine Kalvelage

Performing Soil, Session 1. Photo: Hanes Sturzenegger

Lisa Lee Benjamin, Marisa Mayer, Xaver Ammann, Kay Zhang, Brigham Baker, Titilayo Adebayo, Reut Nahum, Rosa Violetta Zettl, Silke kleine Kalvelage, Jan Georg Glöckner, Marcel Hörler, Performing Soil. Photo: Hanes Sturzenegger

Performing Soil, Session 2. Photo: Silke kleine Kalvelage

Lisa Lee Benjamin, Marisa Mayer, Xaver Ammann, Kay Zhang, Brigham Baker, Titilayo Adebayo, Reut Nahum, Rosa Violetta Zettl, Silke kleine Kalvelage, Jan Georg Glöckner, Marcel Hörler. Photo: Silke kleine Kalvelage

Lisa Lee Benjamin, Marisa Mayer, Xaver Ammann, Kay Zhang, Brigham Baker, Titilayo Adebayo, Reut Nahum, Rosa Violetta Zettl, Silke kleine Kalvelage, Jan Georg Glöckner, Marcel Hörler, Performing Soil. Photo: Silke kleine Kalvelage

Lisa Lee Benjamin, Marisa Mayer, Xaver Ammann, Kay Zhang, Brigham Baker, Titilayo Adebayo, Reut Nahum, Rosa Violetta Zettl, Silke kleine Kalvelage, Jan Georg Glöckner, Marcel Hörler, Performing Soil, 2021. Photo: Silke kleine Kalvelage

Passagen

Die Ausstellung Passagen widmete sich vom 10. September bis 2. Oktober 2021 in der Kirche St. Jakob in Zürich den Übergängen als beständige Begleiterinnen der Menschen. Im Zentrum der Ausstellung stand die Frage, wie Übergänge bewältigt werden. Dafür wurden die Mittel der Fotografie, des Geschichtenerzählens und des Anordnens persönlicher Dinge genutzt. Der Sakralbau diente der Ausstellung als Ausstellungs- und Reflexionsraum, als Klangkörper und als Ort der kritischen Befragung. Die Grundlage für Passagen bildeten mehrere Treffen der acht Protagonist*innen Beat Schwab, Chaowei Arakawa, Emanuel Hohl, Edwin Arsenio Ramirez Garcia, Heidi Stamm, Maria Hardt, Noah Di Bettschen und Yeter Tayet, sowie individuelle Tonaufzeichnungen welche in einer raumgreifenden Audioinstallation zusammenfanden. Die Idee und das Konzept erarbeiteten Marcel Hörler und Sabina Bösch, nach Einladung von About Us! und der Reformierten Kirche Zürich. Darüber hinaus waren folgenden Personen in das Projekt involviert: Julian Zehnder (Audio), Maria Muster (Textil), Maria Peskina (Grafik), neo seefried (Text), Gilles Smrkovsky (Lektorat). Teil des Programms war auch ein Publikumsgespräch, eine Soundperformance zwischen Kay Zhang, Nuriia Khasenova, Léo Collin (KIT) & Sacha Rüegg und eine Performance von Elischa Heller.

Passagen Vernissage. Photo: Lea Huser

Passagen Vernissage. Photo: Lea Huser

Performance Kay Zhang, Léo Collin, Nuriia Khasenova (KIT) & Sacha Rüegg. Photo: Lea Huser

Protagonistin Chaowei Arakawa. Photo: Sabina Bösch

Performance Kay Zhang, Léo Collin, Nuriia Khasenova (KIT) & Sacha Rüegg. Photo: Lea Huser

Protagonist Noah Di Bettschen. Photo: Sabina Bösch

Performance Elischa Heller. Photo: Mischa Schlegel

Objekt Emanuel Hohl. Photo: Sabina Bösch

Performance Elischa Heller. Photo: Mischa Schlegel

Seemingly Unfinished

Seemingly Unfinished beleuchtete die Schönheit des schmalen Grats, der zwischen dem Unvollendeten und dem Fertigen liegt. Schon der römische Autor Plinius der Ältere dachte in seinem Buch 35 der Naturgeschichte über das Konzept des Unvollendeten nach. Er wies darauf hin, dass unvollendete Werke hoch geschätzt wurden, weil sie mehr Aufschluss über den kreativen Prozess und die Techniken der Künstler*innen gaben. Die Ausstellung präsentierte sieben Werke von Gemälden, Skulpturen, Installationen bis hin zu Stickereien von Fabio Guida, Laetitia Pascalin, Patrick Ostrowsky, Pascal Sidler, Sara Lavelle, Mickry 3 und Andrea Vera Wenger. Durch die Werke konnten die Intentionen der Künstler*innen und deren Rezeptionen auf das Publikum untersucht, sowie soziale, psychologische und philosophische Aspekte im Feld der zeitgenössischen Kunst diskutiert werden. Die Ausstellung ereignete sich in drei aufeinandefolgende Gruppen (On Transparency, Under Construction und The Absence of Painting), um auf verschiedene Aspekte des Themas einzugehen. Seemingly Unfinished gab dem Publikum Werkzeuge an die Hand, um die Komplexität einer unvollendeten Ästhetik in fertigen Kunstwerken zu entschlüsseln. Die Ausstellung fand vom 12. März bis 2. April 2021 im Kulturfolger in Zürich statt und wurde von Marcel Hörler und Michael Almeida kuratiert.

Mickry 3, Do Not Enter, 2021. Photo: Andrea Vera Wenger

Sara Lavelle, Self-Portrait Minnesota Fall, 2016. Photo: Andrea Vera Wenger

Andrea Vera Wenger, Sibling, 2021

Pascal Sidler, Spiegelbild, 2019. Photo: Andrea Vera Wenger

Fabio Guida, Untitled, 2019. Photo: Andrea Vera Wenger

Patrick Ostrowsky, it makes me feel giddy, 2020. Photo: Andrea Vera Wenger

Laetitia Pascalin, Untitled, 2020. Photo: Andrea Vera Wenger

Vee

Seit jeher gehören Verwandlungen zu den kulturellen Praktiken, die faszinieren und zugleich verstören. Ein Lebewesen, das plötzlich innehält, sich scheinbar selbst zerstört und als vollkommen neues Geschöpf aufersteht. Von den privilegierten Gottheiten der vorchristlich polytheistischen Religionen über phantastische Mischwesen – halb Mensch, halb Tier – aus Sagen, Märchen und Fantasy bis hin zu komplexen Verwandlungsbildern und -geschichten in der Literatur, die Beziehung zwischen Menschen und Tieren ist ein oft behandeltes Thema. Im Zuge der jüngsten technologischen und medizinischen Fortschritte, die es erlauben, Körper nach Belieben zu verändern, Organe zwischen Menschen und Tieren auszutauschen oder menschliche Zellen in Tieren zu züchten, erhalten Fragen über eine gemeinsame Zukunft von Menschen und Tieren eine neue Dringlichkeit. Für die Ausstellung VEE (23.05. – 03.10.2020) und vor dem konkreten Hintergrund des Landwirtschaftsbetriebs Hof Blum nahmen Badel/Sarbach, Benjamin Egger, Ernestyna Orlowska, Fridolin Schoch, Ina Weise und Patrick Ostrowsky installative, skulpturale und performative Eingriffe vor.  Performances, Screenings und Shows von Daniela Ehrsam, Ivy Monteiro, Maya Rochat und Soya The Cow begleiteten die Vernissage und die Finissage. Gemeinschaft, Körper und Transformation gehörten zu den thematischen Schwerpunkten der Ausstellung. Ausserdem wurde die Ausstellung durch Hofgespräche mit den Gästen Antoine F. Goetschel, Viviane Ehrensberger, Jacques Fuchs, Hans Preisig und Michael Kortenbusch sowie Mimikry-Workshops (Konzept: Julia Wäckerlin und Pia Schwarz) erweitert. VEE entstand in Zusammenarbeit zwischen Jakob Lienhard, Valérie Hug, Marcel Hörler und Martin Blum.

Vernissage. Photo: Stefan Tschumi

Patrick Ostrowsky, FIRE SIGHT, 2020. Photo: Stefan Tschumi

Daniela Ehrsam, Aerial Hoop Show. Photo: Stefan Tschumi

Soya The Cow, My joy, my choice, my juices, 2020. Photo: Stefan Tschumi

Benjamin Egger, my body is because of dogs, 2020. Photo: Benjamin Egger

Badel/Sarbach, Hotties in the Neighborhood, 2020. Photo: Mischa Schlegel

Ernestyna Orlowska, I’ve Been Feeling It Too (Chicken Farm Version), 2020. Photo: Stefan Tschumi

Ernestyna Orlowska, Nursing Tops & Mum Utility Pants, 2020. Photo: Mischa Schlegel
Fridolin Schoch, Knot Gathering, 2020. Photo: Stefan Tschumi

Ina Weise, 0,000005483149859%, 2020. Photo: Mischa Schlegel

Ivy Monteiro, Tituba.2Point.OH!, 2020. Photo: Mischa Schlegel

Plateaux Festival

Nachhaltigkeit ist längst nicht mehr nur eine Frage ökologischer Umstände wie Klimawandel, geografischer Besonderheiten oder Agrartechnologien, sondern eine Frage von Produktion und Konsum. Das Plateaux Festival lud zwischen dem 20. April und 7. September 2019 Künstler*innen ein, um im Rahmen des Landwirtschaftsbetrieb Froh Ussicht unter dem Titel «Werte schaffen» Fragen und Lösungen der Nachhaltigkeit zu behandeln. Ausserdem wurden Gäste eingeladen, die mit einer Carte Blanche die Thematik des Festivals aufgriffen und Unerwartetes über kuratierte Performances, Filmabende, Installationen und Aktionen in das Festival einfliessen liessen. Das Festival wurde, nach Einladung durch Martin Blum, in Kollaboration zwischen Marcel Hörler und Mateo Chacon-Pino konzipiert. Gestaltung und Programmierung: Lydia Perrot und Lisa Li. Das Kunstvermittlungsangebot wurde von Seline Fülscher konzipiert. Mit künstlerischen Beiträgen von Artist Organizations International, Aurélie Strumans, Carina Erdmann & Anna Kindermann, Johanna Bruckner, Johanna Kotlaris, Martina Mächler, Matthew C. Wilson, Nino Baumgartner, San Keller, Simon Würsten Marin, Thomas Geiger und Yael Wicki. Zu den Gästen zählten Bergkrautsyndikat, Kunsthaus Aussersihl, Kunst Du, Wagner & Friends mit Carlos Fernández und Violeta Burckhard Razeto.

Johanna Kotlaris, Economies, 2019. Photo: Samirah Hohl

Song Book, San Keller, 2019. Photo: Alicia Olmos Ochoa

Aurélie Strumans, Green verticality to a red fiction, 2019. Photo: Alicia Olmos Ochoa

Nino Baumgartner, Shortcut, 2019. Photo: Alicia Olmos Ochoa

Carlos Fernández, Do Some Agrofit, 2019. Photo: Juliette Chretien

Thomas Geiger, I Want To Become a Millionaire Talks, 2019. Photo: Sandino Scheidegger

Kunsthaus Aussersihl, Aktion 016: im Gjätt, 2019. Photo: Marcel Hörler

Johanna Bruckner, Körper ohne Währung, 2019. Photo: Samirah Hohl

Simon Würsten Marín, Wenn Kunst Landschaft gestaltet, 2019. Photo: Samirah Hohl

Juicy, Texture excellent

«Der neue Mensch fingert, statt zu handeln», so beschreibt der Philosoph Byung-Chul Han in seinem Essay Im Schwarm: Ansichten des Digitlaen prägnant ein Alltagsphänomen der digital vernetzten Gesellschaft. Alles scheint greifbar, per Fingerklick. Auch digitale Sammlungsbestände sollen den Zugang erleichtern. Die Arbeit JUICY, TEXTURE EXCELLENT überträgt das Phänomen auf die kuratorische Praxis. Der Finger des Kurators wählt aus und stellt, in dem er über die Bildoberfläche fährt, eine direkte Verbindung zum Werk her. Für das Museum ist das ein Regelverstoss und für den Kurator ein Dilemma, wünscht er sich doch nichts sehnlicher als den Kontakt zum Werk. Ausschlaggebend für die Idee sind die Fruit Art Videos von Stephanie Sarley. In ihren kurzen Videos auf Instagram befingert sie saftige Früchte. Ihr Instagram Konto wurde aufgrund dessen schon mehrere Male von Facebook blockiert. JUICY, TEXTURE EXCELLENT entstand in Kollaboration mit Lydia Perrot im Rahmen des Moduls Combining Collections. Eine virtuelle Sammlungsausstellung, das von Bruno Bruno Heller geleitet wurde, im Master Art Education Curatorial Studies der ZHdK.

juicy, texture excellent. Marcel Hörler & Lydia Perrot

Weiter

Während die Touristin mit der Gondelbahn zum Gipfel fährt und ein Flüchtling seine Heimat verlässt, arbeitet der digitale Nomade irgendwo auf seinem Boot. Noch nie hat sich die Mobilität auf so mannigfaltige Art und Weise manifestiert wie heute. Die räumliche, soziale und virtuelle Mobilität ist längst zum Grundprinzip einer globalen und vernetzten Welt geworden. Wer mobil ist, ist empfänglich – offen für Neues, vielleicht Besseres. Ebenso fordert die Mobilität von den Menschen eine geistige und körperliche Beweglichkeit. Sie bricht auf der einen Seite soziale Strukturen auf und verstärkt auf der anderen Seite die Wahrnehmung bestehender, ungleicher Voraussetzungen. Der weitgefasste Begriff Mobilität stand im Blickpunkt von Weiter. Im Rahmen von Weiter entwickelten Christian Eberhard, Collectif Chuglu, Damiano Curschellas, Gisa Frank, Lino Bally, Flurina Brügger, Iris Brodbeck, Marc Jenny, Matthias Rüegg und Robin Michel Werke en route. Dabei präsentieren sie vom 9. bis 23. September 2017 an drei unterschiedlichen Verkehrsknotenpunkten im unteren, im mittleren und im oberen Toggenburg ihre Werke. Die Ausstellung entstand als Koproduktion zwischen den Kunsthalle[n] Toggenburg und Arthur Junior.

Gisa Frank, Iifahre – Usfahre, 2017. Photo: Hanes Sturzenegger

Robin Michel, Ferrari, 2017. Photo: Hanes Sturzenegger

Flurina Brügger, Iris Brodbeck, Gesprächsteppich, 2017. Photo: Hanes Sturzenegger

Collectif Chuglu, Immense comme un detail, 2017. Photo: Hanes Sturzenegger

Matthias Rüegg, Please Wait Over There, 2017. Photo: Hanes Sturzenegger

Water Walling, Collectif Chuglu, 2017. Photo: Hanes Sturzenegger

Marc Jenny. Photo: Hanes Sturzenegger

Gisa Frank, Iifahre – Usfahre, 2017. Photo: Hanes Sturzenegger
Matthias Rüegg, Ignore, 2017. Photo: Matthias Rüegg
Matthias Rüegg, You're Completely Wrong, 2017. Photo: Matthias Rüegg
Christian Eberhard, 2017. Photo: Hanes Sturzenegger

Imagine Rhythm

Imagine Rhythm nutzte die Ausdruckskraft von Tanz und Film, um kulturelle und sprachliche Hindernisse zu überwinden. Eine Gruppe von Tänzer*innen aus Armenien, der Schweiz und Deutschland produzierte während zehn Tagen, zusammen mit den Choreograf*innen Melanie Alexander und Hayk Hobosyan, eine Tanzperformance und zeigte sie im August 2017 im öffentlichen Raum der Stadt Zürich. Durch einen selbstermächtigenden Ansatz konnten die Tänzer*innen ihre eigenen Bewegungsabläufe und Fähigkeiten einsetzen und in eine zeitgenössische Tanzperformance transfomieren. Die gesamte Aktivität wurde von Filmemacher*innen in Zusammenarbeit mit dem Dokumentarfilmer und Produzenten Seg Kirakossian vor Ort gedreht, um den Lernprozess zu dokumentieren. Das Projekt wurde auch entwickelt, um Wissen darüber zu vermitteln, wie soziale Initiativen umgesetzt werden können. Neben dem Tanzworkshop fand eine Gruppendiskussion statt, bei der die Probleme und Bedürfnisse gehörloser Menschen im Mittelpunkt standen, um das Bewusstsein für die Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu fördern. Das Projekt wurde von Marcel Hörler und Seg Kirakossian in Zusammenarbeit zwischen Subkult und Doctor Cinema NGO entwickelt.

Photo: Stefan Tschumi

Photo: Seg Kirakossian

Photo: Stefan Tschumi

Photo: Stefan Tschumi

Performance. Photo: Stefan Tschumi

Photo: Stefan Tschumi

Shopping

Catherine Xu, Samuel Koch, Nina Emge, Lucie Biloshytskyy, James Stephen Wright, Domingo Chaves, Edmée Laurin, Fridolin Schoch und Martina Mächler erhielten am 9. Juli 2016 sechs orange Kuverts. Sechstausend Schweizer Franken, ausgehändigt in Tausendernoten – die wertvollste Banknote der Welt. Die Künstler*innen hatten die Aufgabe das ganze Geld an der Oberen Bahnhofstrasse, der Einkaufsmeile von Wil auszugeben. Aus den eingekauften Waren entstanden die Werke, die vom 30. Juli bis 13. August 2016 der Öffentlichkeit präsentiert wurden. Shopping behandelte ein Thema, das die Gesellschaft und die Kunstwelt seit je her bewegt. Wir wollen es, wir lieben es und wir tun es. Und das von jung bis alt. Ob bewusst, ökologisch oder verschwenderisch. Wir kaufen ein, wir wählen aus und Einkaufen soll Spass machen, oder etwa nicht?! Darum behandelte die Cross-Media-Kunstaktion das Konsumieren als Akt des Lebens und stellte Fragen. Fragen über die Ware Kunst, Fragen zur künstlerischen Arbeit, Fragen über Investment. Die künstlerischen Prozesse wurden dokumentiert und waren Teil der Ausstellung, die auf Einladung der Stadt Wil von Arthur Junior realisiert wurden. Als Kooperationspartner beteiligte sich das Grafikstudio Badesaison.

Fridolin Schoch, Edmée Laurin, Fridolin Schoch, Limited Time Offer, 2016. Photo: Hanes Sturzenegger

Graphic Design, Badesaison, 2019. Photo: Hanes Sturzenegger

Lucie Biloshitskyy, papier. wert. papier, 2017. Photo: Lea Huser

James Stephen Wright, Argent, 2017. Photo: Lea Huser

Limited Time Offer, Domingo Chaves, Edmée Laurin, Fridolin Schoch, 2017. Photo: Hanes Sturzenegger

Catherine Xu, 2017. Photo: Hanes Sturzenegger

Martina Mächler, 100%@work / do what you love, 2016. Photo: Hanes Sturzenegger

Domingo Chaves, Edmée Laurin, Fridolin Schoch, Limited Time Offer, 2017. Photo: Hanes Sturzenegger

Medien

Zehn Kunstschaffende loten Körpergrenzen aus, arttv.ch, 18.11.2024

Dogo zum letzten Mal in der Turnhalle, Saiten, 08.11.2024

Werkbeiträge und Artist-in-Residence-Stipendium verliehen: Bekommt Ausserrhoden nun den ersten queeren Porno?, Appenzeller Zeitung, 07.12.2023

Am Morgen aufstehen und krampfen für die Kunst, WOZ, 30.11.2023

Kollektives Kunstschaffen, Saiten, 16.11.2023

Es ist dringend, Genderfragen sichtbar zu machen, Herisauer Nachrichten, 18.10.2023

Mit Sexpositivität gesellschaftliche Ketten sprengen, SRF, 22.12.2022

19 Kunstschaffende zeigen, wie man den Begriff «Home» neu denken kann oder muss, arttv.ch, 18.11.2022

Die Sexindustrie ist nicht feministisch, weil unsere Gesellschaft es nicht ist, Tsüri,  29.09.2022

Dogo, Generazione Critica – Teorie pratiche nell'arte del Duemila, 23.06.2022

Die Dogos trotzen der Pandemie, Saiten Ostschweizer Kulturmagazin, 12.03.2021

«zur Wand» Basel: Im Gespräch mit Valérie Hug, Marcel Hörler und Jakob Lienhard vom Magazin «HOX», Wie wär's mal mit

Die Kunst der Verwandlung, Das Lamm, 09.09.2020

Reading Rämistrasse #11: Gianna Rovere zu VEE bei Froh Ussicht, Kunsthalle Zürich Blog, 20.08.2020

Kunst trifft auf Landwirtschaft, Zürichsee-Zeitung, 30.06.2020


Die Kunst hockt zwischen Hühnern, kulturtipp 15/2020

Alle Kunstwerke auf einen Schlag: Nun zeigen sich die wichtigsten Resultate des Kulturvereins Dogo in Lichtensteig, Tagblatt, 13.11.2019

Druckfrische Wassermelonen, Tagesanzeiger, 29.05.2019

Schwimmende Würste sind Kunst, Tagblatt, 01.05.2019

Am Plateaux Festival werden Werte geschaffen, SRF Regionaljournal, 18.04.2019

Ein Zuhause für junge Kunstschaffende, Zett, 05.03.2019

Orangenjus von der Regionalbuspresse, Saiten Ostschweizer Kulturmagazin, 19.09.2017

Kunst mit Kommerz oder gegen ihn, Saiten Ostschweizer Kulturmagazin, 04.02.2017

Von der Baracke zum Kunstmuseum, Zentralplus, 04.03.2016

Impressum

Anschrift:
Marcel Hörler
Kuration & Kulturvermittlung
Schaffhauserstrasse 121
CH-8057 Zürich

Kontakt:
post_at_marcelhoerler.cc
@mr_jb_mh

Gestaltung, Programmierung:
Sirkka Ammann, Jonas Huber

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